Von James Cororbett
Übersetzung©: Andreas Ungerer (mit freundlicher Genehmigung des Autors)
[Anm: Dieser grundlegende Beitrag über den Aufstieg der Ölkartelle ist die Übersetzung eines etwa 70-minütigen Vortrags von James Corbett. Er enthält etliche interessante, weiterführende Links und ist zum Verständnis vieler aktueller geopolitischer Umstände äußerst hilfreich.
James Corbett ist ein in Kanada geborener geopolitischer Anlyst und Investigativjournalist, der nach einem Bachelorstudium in Englisch und nachdem er den Grad Master of Philosophy in englischer Literatur erlangt hatte, zunächst in Japan Englisch unterrichtete und sich nun der Aufklärungsarbeit widmet. Er betreibt die weltweit angesehene Informations- und Nachrichtenplattform The Corbett Report.
Dieser Beitrag steht zur breiten Verteilung auch als PDF-Datei zur Verfügung. :andreas.]
27. Dezember 2015
Die hohen Ölpreise haben EXXON Mobil geholfen, seine Gewinne im letzten Quartal auf fast 11 Milliarden Dollar zu steigern. Der Ölkonzern Shell vermeldet zuletzt einen kräftigen Gewinnanstieg dank höherer Ölpreise. Die Fähigkeit der Spekulanten, Gewinne zu erzielen, wird sicherlich durch die Fähigkeit der ölproduzierenden Nationen in den Schatten gestellt, von einem höheren Ölpreis zu profitieren. Möglicherweise die einfachste Methode für diese Kerle, Geld zu verdienen — manipuliere den Ölpreis wieder über 50 oder sogar 60 Dollar.
Vom Bauernhof bis zum Arzneimittel, vom Diesel-LKW bis zum Eßgeschirr, von der Pipeline bis zum Plastikprodukt, es gibt keinen einzigen Bereich unseres modernen Lebens, der nicht von der petrochemischen Industrie beeinflußt wird.
Die Geschichte des Öls ist die Geschichte der modernen Welt. Teile dieser Geschichte sind weithin bekannt: Rockefeller und Standard Oil, der Verbrennungsmotor und die Umgestaltung des globalen Transports, das Haus Saud und die Ölkriege im Nahen Osten.
Andere Teile sind unklarer: Die Suche nach Öl und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs, die Interessen der petrochemischen Industrie hinter der modernen Medizin, das Ölgeld hinter der „Grünen Revolution“ und der „Genetischen Revolution“.
Aber diese Geschichte, richtig erzählt, beginnt an einem unerwarteten Ort. Nicht in Pennsylvania mit dem ersten kommerziellen Bohrbetrieb und dem ersten Ölboom, sondern in den ländlichen Hinterwäldern im Staat New York des frühen 19. Jahrhunderts. Und es beginnt nicht mit Rohöl oder seinen Derivaten, sondern mit einem ganz anderen Produkt: dem Schlangenöl.
„Dr. Bill Livingston, gefeierter Krebsspezialist“ war der Inbegriff des reisenden Schlangenölverkäufers. Er war weder Arzt noch Krebsspezialist, sein richtiger Name war nicht einmal Livingston. Mehr noch, das von ihm verscherbelte Elixier „Steinöl“ war eine nutzlose Mischung aus Abführmittel und Petroleum und hatte keinerlei Einfluß auf den Krebs der armen Stadtbewohner, die er zu dessen Kauf überlistet hatte.
Er lebte das Leben eines Vagabunden, immer auf der Flucht vor der letzten Gruppe von Leuten, die er zum Narren gehalten hatte, und beging immer unverschämtere Betrügereien, um sicherzustellen, daß die Vergangenheit ihn nicht einholen würde. Er verließ seine erste Frau und seine sechs Kinder, um in Kanada eine bigamische Ehe einzugehen, während er gleichzeitig zwei weitere Kinder mit einer dritten Frau zeugte. Er nahm den Namen „Livingston“ an, nachdem er 1849 wegen Vergewaltigung eines Mädchens in Cayuga angeklagt worden war.
Wenn er nicht von ihnen auf der Flucht oder jahrelang verschwunden war, brachte er seinen Kindern die Tricks seines heimtückischen Handwerks bei. Einmal prahlte mit seiner Erziehungsmethode: „Ich betrüge meine Jungs bei jeder Gelegenheit. Ich will sie scharfsinnig machen.“
Als hochgewachsener Mann von über 1,80 m und von Natur aus gut aussehend, was er zu seinem Vorteil nutzte, nannte man ihn „Big Bill“. Andere nannten ihn weniger großzügig „Devil Bill“. Aber sein richtiger Name war William Avery Rockefeller, und es war sein Sohn John D. Rockefeller, der später das Standard Oil Monopol gründete und der erste Milliardär der Welt wurde.
Die Welt, in der wir heute leben, ist die Welt, die nach dem Bilde von „Devil“ Bill geschaffen wurde. Es ist eine Welt, die auf Verrat, Betrug und der Naivität eines Publikums basiert, das bisher die Tricks nicht erkannt hat, mit denen die Rockefellers und ihresgleichen die Welt seit anderthalb
Jahrhunderten prägen.
Dies ist die Geschichte der Öligarchie.
ERSTER TEIL: DIE GEBURT DER „ÖLIGARCHIE“
Titusville, 1857. Ein höchst ungewöhnlicher Mann steigt aus einem Eisenbahnwagen in der verschlafenen Stadt im Westen Pennsylvanias am Ufer des Oil Creek: „Colonel“ Edwin Drake. Er ist von der Pennsylvania Rock Oil Company, und er befindet sich auf einer Mission: Erdöl zu sammeln.
Wie „Dr.“ Bill, ist Drake nicht wirklich ein Colonel. Der Titel wurde ihm von George Bissell und James Townsend verliehen, einem Anwalt und einem Bankier, die die Pennsylvania Rock Oil Company gründeten, nachdem sie entdeckt hatten, daß sie das natürlich vorkommende Seneca-Öl der Region zu Lampenöl oder Kerosin destillieren konnten. Drake ist eigentlich ein arbeitsloser Schaffner, der sich nach einem Aufenthalt im selben Hotel wie Bissell im Jahr zuvor einen Job erschwatzt hat. Der Titel, „Colonel“, soll dazu beitragen, den Respekt der einheimischen Bevölkerung zu gewinnen.
Die Einheimischen halten ihn sowieso für verrückt. Seneca-Öl ist in der Tat reichlich vorhanden, sprudelt aus Sickerstellen und sammelt sich im Bach, aber außer als Allheilmittel oder Fett für die Maschinen des örtlichen Sägewerks wird es kaum als wertvoll erachtet. Tatsächlich kann es ein regelrechtes Ärgernis sein, wenn es die Salzbrunnen kontaminiert, welche Pittsburghs boomende Salzindustrie beliefern.
Dennoch hat Drake einen Auftrag zu erfüllen: Einen Weg genügend Öl zu finden, um die Destillation von Seneca-Öl zu Lampenöl rentabel zu machen. Er versucht alles, was ihm einfällt. Die Ureinwohner Amerikas hatten in der Vergangenheit das Öl gesammelt, indem sie einen Bach in der Nähe einer Sickerstelle stauten und das Öl dann von der Wasseroberfläche abschöpften. Aber Drake kann auf diese Weise nur 22 bis 37 Liter Öl pro Tag sammeln, selbst wenn er zusätzliche Sickerstellen öffnet. Er versucht, einen Schacht zu graben, aber das Grundwasser strömt zu schnell ein.
Im Sommer 1859 ist er der Verzweiflung nah. Drake gehen die Ideen aus, Bissell und Townsend geht die Geduld aus und, am allerwichtigsten, dem Unternehmen gehen die Mittel aus. Er wendet sich an „Uncle“ Billy Smith, einen Schmied aus Pittsburgh, der Erfahrung mit dem Bohren von Salzbrunnen mit dampfbetriebenen Maschinen hatte. Sie machen sich an die Arbeit und bohren sich durch das Schiefergestein, um an das Öl zu gelangen. Es ist eine wahnsinnig zeitraubende Arbeit, bei der die primitive Ausrüstung pro Tag mühevoll durch einen Meter Grundgestein bohrt. Bis zum 27. August sind sie in 21 Meter Tiefe gelandet. Drake hat sein restliches Geld aufgebraucht und Bissell und seine Partner haben beschlossen, die Operation zu beenden.
Am 28. August stoßen sie auf Öl.
Erzähler: Dann, am Sonntag, dem 28. August 1859, sprudelte Öl aus dem Steigroh. Onkel Billy und sein Sohn, Sam, haben mehrere Eimer Öl geschöpft. Am Montag, dem Tag, an dem Colonel Drake seine letzte Zahlung und den Befehl zur Schließung der Operation erhielt, befestigten sie den Hubbalken an einer Wasserpumpe und das Öl begann zu fließen. Das erste Öl sollte für 40 Dollar pro Faß verkauft werden. Jahre später interviewte eine lokale Zeitung Onkel Billy über den Tag, an dem sie auf Öl gestoßen sind:
„Ich begann mit dem Bohren und um 4:00 Uhr traf ich auf Öl. Ich sage zu Mr. Drake: ‚Schau mal da! Was hältst du davon?‘ Er schaute in das Rohr und sagte: ‚Was soll das sein?‘ Und ich sagte: ‚Das ist dein Vermögen!‘“
Drake’s Bohrloch hat bewiesen, daß durch das Bohren Öl im Überfluß gefunden und billig produziert werden konnte. Über Nacht wurde eine völlig neue Industrie geboren. Schon bald wurden in Millionen von Häusern, Bauernhöfen und Fabriken auf der ganzen Welt Lampen mit Kerosin verwendet, das aus dem Rohöl aus West Pennsylvania raffiniert worden war.
Daniel Yergin: Als bekannt wurde, daß Drake auf Öl gestoßen war, ging der Schrei durch die engen Täler von West Pennsylvania:‚Der verrückte Yankee ist auf Öl gestoßen! Der verrückte Yankee ist auf ÖI gestoßen!‘ Und es war der erste große Boom. Es war wie ein Goldrausch.
Quelle: The Prize (Teil 1)
Über Nacht verwandelte sich die hinterste Provinz im ländlichen Pennsylvania in eine geschäftige Ölregion, in der Ölsucher Wohnungen anmieteten, Städte aus dem Nichts entstanden und ein Wald von Schlagbohranlagen das Land bedeckten. Der erste Ölboom war geboren.
Sofort bereit, das Beste aus diesem Boom zu machen, war ein junger, aufstrebender Buchhalter in Cleveland mit einem Fable für Zahlen: John Davison Rockefeller. Er hatte zwei Ziele im Leben: 100.000 Dollar zu verdienen und 100 Jahre alt zu werden. John D. machte sich in den späten 1850er Jahren auf den Weg, um sein Vermögen zu verdienen, gerüstet mit einem Darlehen von $1.000 von seinem Vater, „Devil“ Bill.
David Rockefeller: Großvater hatte nie einen Highschool-Abschluß gemacht und ging nach Cleveland, nachdem er sich von seinem Vater $1.000 geliehen hatte, um ein Unternehmen zu gründen – er bezahlte dafür übrigens 9% Zinsen. Und als er von dem gerade erst begonnenen Ölgeschäft gelesen hatte, begann er sich dafür zu interessieren, und hat erkannt, dass dies damals ein äußerst volatiles Geschäft war.
Quelle: The Prize (Teil 1)
Im Jahre 1863, als Rockefeller den Ölboom sah und die Gewinne spürte, die in der noch jungen Branche erzielt werden konnten, schloß er sich mit seinen Geschäftskollegen, Maurice B. Clark und dessen Brüdern sowie mit Samuel Andrews zusammen, einem Chemiker, der eine Ölraffinerie gebaut hatte, aber wenig über die Vermarktung seines Produkts wußte. Zwei Jahre später kaufte der gewiefte John D. den Clark-Brüdern ihre Anteile für 72.500 Dollar ab und gründete mit Andrews als Partner Rockefeller & Andrews. Im Jahr 1870, nach fünf Jahren strategischer Partnerschaften und Fusionen, hat Rockefeller dann Standard Oil gegründet.
Der Aufstieg von Standard Oil ist eine oft erzählte Geschichte.
Erzähler: Mit einem Schritt, der amerikanische Wirtschaft verändern würde, machte sich Rockefeller daran, eine Welt unabhängiger Erdölunternehmer durch eine riesige, von ihm kontrollierte Firma zu ersetzen. Im Jahr 1870 hat er dann, nachdem er die Bankiers um weitere Kredite gebeten hatte, Standard Oil Ohio gegründet. Im folgenden Jahr setzte er still und leise das, was er „unseren Plan“ genannt hat – seine Kampagne zur Beherrschung der unbeständigen Ölindustrie – mit verheerenden Folgen um. Rockefeller wußte, daß die Raffinerie mit den niedrigsten Transportkosten Konkurrenten in die Knie zwingen konnte. Er ging ein geheimes Bündnis mit den Eisenbahngesellschaften ein, die sich South Improvement Company nannte. Im Gegenzug für große, regelmäßige Transporte legten Rockefeller und seine Verbündeten Frachtkosten fest, die weit unter denen seiner verwunderten Konkurrenten lagen.
Ida Tarbel, die Tochter eines Erdölunternehmers, erinnerte sich später daran, daß Menschen wie ihr Vater sich auf den Sinn der Ereignisse keinen Reim machen konnten: „Ein beunruhigende Gerücht begann in den Erdölregionen die Runde zu machen“, schrieb sie. „Überall stiegen die Frachtkosten. … Außerdem … waren alle Kunden der South Improvement Company – einem bis dahin unbekannten Unternehmen – hiervon ausgenommen. … Niemand hat auf die diesbezügliche Meinung seines Nachbarn gewartet. Das einziges Wort, das in aller Munde war, lautete ´Verschwörung´.“
Ron Chernow, Biograph: Bis 1879, als Rockefeller 40 Jahre alt ist, kontrolliert er 90 Prozent der Erdölraffination der Welt. Innerhalb weniger Jahre wird er 90 Prozent der Vermarktung von Öl und ein Drittel aller Ölquellen kontrollieren. Dieser sehr junge Mann kontrolliert also nicht nur ein nationales, sondern auch ein internationales Monopol auf eine Ware, die bald zum wichtigsten strategischen Rohstoff der Weltwirtschaft werden wird.
Quelle: The Rockefellers
In den 1880er Jahren war die Standard Oil Company der Inbegriff der amerikanischen Ölindustrie. Und Standard Oil war John D. Rockefeller.
Aber es dauerte nicht lange, bis eine Handvoll ähnlich ehrgeiziger (und gut vernetzter) Familien begann, die Erfolgsgeschichte von Standard Oil in anderen Teilen der Welt nachzuahmen.
Einer dieser Konkurrenten war in den 1870er Jahren im Kaukasus aufgestiegen, wo das kaiserliche Rußland die riesigen Ölvorkommen unter dem Kaspischen Meeres für die private Erschließung freigegeben hatte. Schon bald hatten sich zwei Familien zusammengetan, um die Gelegenheit zu nutzen: die Nobels, angeführt von Ludwig Nobel mit seinem Bruder, dem Erfinder des Dynamits und Gründer des nach ihm benannten Preises, Alfred, und der französische Zweig der berüchtigten Rothschild Bankendynastie, angeführt von Alphonse Rothschild.
Im Jahr 1891 beauftragten die Rothschilds M. Samuel & Co., eine von Marcus Samuel geleitete Reederei für den Fernosttransporte mit Sitz in London, mit einer bis dahin einzigartigen Passage: ihr von Nobel gefördertes Öl durch den Suezkanal nach Ostasien zu transportieren. Das Projekt war immens, es erforderte nicht nur eine ausgeklügelte Technik für den Bau der ersten Öltanker, die von der Suez Canal Company genehmigt werden mußten, sondern unterlag auch der strengsten Geheimhaltung. Würde Rockefeller auch nur Wort über die Bemühungen durch sein internationales Nachrichtennetz erreicht haben, hätte dies das Risiko bedeutet, den Zorn von Standard Oil auf sich zu ziehen, die es sich leisten konnten, die Preise zu senken und sie vom Markt zu verdrängen. Am Ende hatten sie Erfolg, und der erste Supertanker, die Murex, fuhr im Jahr 1892 auf dem Weg nach Thailand durch den Suezkanal.
Im Jahre 1897 wurde M. Samuel & Co. zur Shell Transport and Trading Company. Als Shell erkannte, daß das Unternehmen durch die Abhängigkeit von Rothschild/Nobel Caspian Oil anfällig für Versorgungsschocks wurde, begann Shell, nach anderen Ölquellen im Fernen Osten zu suchen. In Borneo trafen sie auf Royal Dutch Petroleum, das 1890 in Den Haag mit Unterstützung von König Wilhelm III. von den Niederlanden gegründet worden war, um Ölvorkommen in Niederländisch-Indien zu erschließen. Die beiden Unternehmen, die die Konkurrenz von Standard Oil fürchteten, fusionierten im Jahr 1903 zur Asiatic Petroleum Company, und im Jahr 1907, im gemeinsamen Besitz mit den französischen Rothschilds, zu Royal Dutch Shell.
Ein weiterer globaler Konkurrent zum Standard Oil-Imperium entstand um die Jahrhundertwende im Iran. Im Jahr 1901 rang der Millionär William Knox D’arcy dem König von Persien ein unglaubliches Zugeständnis ab: Die Exklusivrechte für die Suche nach Öl in fast allen Teilen des Landes für die Dauer von 60 Jahren. Nach sieben Jahren erfolgloser Suche waren D’Arcy und sein in Glasgow ansässiger Partner Burmah Oil bereit, das Land ganz aufzugeben. Anfang Mai 1908 schickten sie ein Telegramm an ihren Geologen, in dem sie ihn aufforderten, sein Personal zu entlassen, seine Ausrüstung abzubauen und nach Hause zurückzukehren. Er widersetzte sich dem Befehl und stieß einige Wochen später auf Öl.
Burmah Oil hat umgehend die Anglo-Persische Ölgesellschaft gegründet, um die Produktion von persischem Öl zu überwachen. Die britische Regierung übernahm im Jahr 1914 auf Geheiß von Winston Churchill, dem damaligen Ersten Lord der Admiralität, die Mehrheit von 51% der Aktien des Unternehmens, das bis heute als BP überdauert hat.
Es waren die Rothschilds und Nobels, das niederländische Königshaus und die Rockefellers. Diese frühen Titanen der Ölindustrie und deren Firmenkonstrukte waren die Pioniere, die einem bis dahin neuen Modells für die unerhörte Ansammlung und Erweiterung von Vermögen den Weg bereitet haben. Sie waren die Sprößlinge einer neuen Oligarchie, die um das Öl und seine Kontrolle, vom Bohrloch bis zur Pumpe, errichtet worden ist.
Aber es ging nicht nur um Geld. Die Monopolisierung dieser wichtigen Energieressource des 20. Jahrhunderts trug dazu bei, den Öligarchen nicht nur Reichtum, sondern auch Macht über das Leben von Milliarden Menschen zu sichern. Milliarden Menschen, die auf das schwarze Gold angewiesen waren, das in fast alle Aspekte ihres täglichen Lebens Einzug hielt.
Im späten 19. Jahrhundert war es jedoch keineswegs sicher, daß das Öl zur wichtigsten Ressource des 20. Jahrhunderts werden würde. Als die Beleuchtung durch die neu kommerzialisierte Glühbirne den Markt für Lampenöl zu zerstören begann, standen die Öligarchen kurz davor, den aus ihrem Monopol erwachsenden Reichtum zu verlieren. Doch eine Reihe von „Glückssträhnen“ sollte ihr Vermögen noch weiter nach oben katapultieren.
Bereits ein Jahr später, nach der kommerziellen Einführung der Glühbirne, kam eine weitere Erfindung auf den Markt, welche die Ölindustrie retten sollte: Der deutsche Ingenieur Karl Benz patentierte einen zuverlässigen Zweitakt-Verbrennungsmotor. Der Motor lief mit Benzin, einem weiteren Nebenprodukt des Erdöls, und wurde zur Grundlage für den Benz Motorwagen, der im Jahr 1888 zum ersten kommerziell erhältlichen Automobil der Geschichte wurde. Und mit diesem Glücksfall konnte das Geschäft gerettet werden, das Rockefeller und die anderen Öligarchen über Jahrzehnte hinweg konsolidiert hatten.
Aber es bedurfte weiteren Glücks, um den Markt für diesen neuen Motor zu sichern. In den Anfängen des Automobilzeitalters war es keineswegs sicher, daß benzinbetriebene Autos den Markt dominieren würden. Funktionierende Modelle von Elektrofahrzeugen gab es seit den 1830er Jahren, und das erste Elektroauto wurde 1884 gebaut. Bis 1897 gab es eine Flotte von rein elektrisch betriebenen Taxis, welche Fahrgäste im Umland von London beförderten. Der erste Landgeschwindigkeitsrekord war im Jahr 1898 mit einem Elektroauto aufgestellt worden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts betrug der Anteil an Elektroautos 28% der Automobile in den USA aus. Der Elektroantrieb hatte verschiedene Vorteile gegenüber dem Verbrennungsmotor: Er benötigte keine Gangschaltung oder Handkurbel und verursachte keinerlei Vibrationen, Gerüche oder Lärm, die mit benzinbetriebenen Autos verbunden sind.
Als Ölsucher am 10. Januar 1901 bei Spindletop in Ost-Texas auf Öl stießen, griff die Glücksfee erneut in die Geschichte ein,. Die Quelle, aus der 100.000 Fässer pro Tag sprudelten, setzte den nächsten großen Ölboom in Gang, indem sie billiges, reichlich vorhandenes Öl für den amerikanischen Markt bereitstellte, was die Benzinpreise nach unten trieb. Es dauerte nicht lange, bis die teuren Elektromotoren mit kurzer Reichweite ganz aufgegeben wurden und große, laute, Benzin fressende Motoren die Straßen beherrschten, die allesamt durch das schwarze Gold angetrieben wurden, das Standard Oil, Shell, Gulf, Texaco, Anglo-Persian und die anderen Ölkonzerne der damaligen Zeit gefördert, raffiniert und verkauft haben.
Vielleicht ist John D.’s größter Glücksfall gar nicht als solcher betrachtet worden. Rockefeller wurde von einer Öffentlichkeit, die über seinen beispiellosen, durch Standard Oil angehäuften Reichtum empörte, zunehmend unter die Lupe genommen. Sensationsreporter wie Ida Tarbell begannen, den Dreck über seinen Aufstieg zur Macht durch Eisenbahnverschwörungen, geheime Geschäfte mit Konkurrenten und andere fragwürdige Praktiken auszugraben. Die Presse stellte ihn als Koloß das, der bestechliche Politiker buchstäblich in der Hand hatte und Standard Oil als bedrohlichen Kraken mit Tentakeln, die der Nation den Lebenssaft aussaugen. Anhörungen begannen, Ermittlungen wurden eingeleitet, Klagen gegen ihn erhoben. Und dann schließlich traf der Oberste Gerichtshof 1911 eine monumentale Entscheidung.
Erzähler: Am 15. Mai 1911 erklärte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, daß Standard Oil ein wettbewerbsverzerrendes Monopol sei und aufgelöst werden müsse. Rockefeller hörte von der Entscheidung beim Golfen in Kykuit mit einem Priester der örtlichen katholischen Kirche, Vater J.P. Lennon.
Ron Chernow, Biograp: Und Rockefeller reagierte mit erstaunlicher Gelassenheit. Er wandte sich an den katholischen Priester und sagte: „Vater Lennon, haben Sie etwas Geld?“ Und der Priester war sehr erschrocken von der Frage und sagte: „Nein.“ Und dann fragte er: „Warum?“ Und Rockefeller antwortete: „Kaufen Sie Standard Oil.“
Erzähler: Wie Rockefeller vorausgesehen hatte, waren die einzelnen Unternehmen von Standard mehr wert als das gesamte Konzern. In den nächsten Jahren verdoppelte und verdreifachte sich der Wert ihrer Aktien. Als der Geldregen vorüber war, besaß Rockefeller das größte Privatvermögen in der Geschichte – es betrug annähernd 2% der amerikanischen Wirtschaft.
Chernow: Und es war tatsächlich die Niederlage bei dem Kartellverfahren, das John D. Rockefeller zum ersten Milliardär der Geschichte werden ließ. So wurde zwar Standard Oil im bundesstaatlichen Kartellverfahren bestraft, aber John D. Rockefeller, Sr. mit Sicherheit nicht.
Quelle: The Rockefellers
Zum Erstaunen der Weltöffentlichkeit wurde Rockefellers Bestrafung tatsächlich seiner Belohnung. Anstatt einen Dämpfer zu bekommen, hatte ihn die Aufspaltung des Standard Oil Monopols zum einzigen anerkannten Milliardär der Welt gemacht,und das zu einer Zeit, in der das jährliche Durchschnittseinkommen in Amerika bei 520 Dollar lag.
Rockefellers Geschichte verlief spiegelverkehrt zu der Geschichte von Colonel Edwin Drake. Nachdem Drake in Titusville auf Öl gestoßen war und eine Milliarden Dollar schwere globale Industrie hervorgebracht hatte, fehlte ihm die Weitsicht, seine Bohrtechnik zu patentieren zu lassen oder sogar das Land um seine eigene Quelle herum aufzukaufen. Er endete in Armut, abhängig von einer Rente vom Commonwealth of Pennsylvania, aus der er ein kärglichen Leben bestritt und im Jahr 1880 schließlich verstarb.
Für die Öligarchie war die Lehre aus dem ständigen Aufstieg Rockefellers offensichtlich: Je unbarmherziger das Monopol agierte und je enger die Kontrolle war, desto größer ist die Lust an Macht und Geld und desto größer die Belohnung am Ende.
Von nun an sollte keine Erfindung die Ölmagnaten von ihrem Streben nach völliger Kontrolle abhalten können und kein Wettbewerb toleriert werden. Die Öligarchen sollten keiner Gefahr ausgesetzt werden dürfen.
ZWEITER TEIL: WETTBEWERB IST EINE SÜNDE
Auf die Frage, wie er den Verrat und die Täuschung rechtfertigen könne, mit denen er die Entstehung des Standard Oil-Monopols vorangetrieben hat, soll John D. Rockefeller geantwortet haben: „Wettbewerb ist eine Sünde.“ Das ist die Mentalität von Monopolisten, und diese in das Gewand der religiösen Überzeugung getarnte Rechtfertigung trieb die Öligarchen dazu, jeden, der es wagen würde, sich als Thronanwärter zu erheben, rücksichtslos auszuschalten.
Ironischerweise war es die Konkurrenz zwischen den Öligarchen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die dazu beigetragen hat, eine frühe äußere Bedrohung für ihr Reich hervorzurufen: Alkoholkraftstoff.
Der Historiker Lyle Cummins schrieb über diese Ära: „Die Öl-Trust-Kämpfe zwischen Rockefeller, den Rothschilds, den Nobels und Marcus Samuel’s Shell hielten die Preise im Fluß, und die Motoren mußten sich oft an den verfügbaren Kraftstoff anpassen.“
In vielen Gegenden, in denen es kein Öl gab, war Alkohol die Alternative. Ethylalkohol wurde seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Kraftstoff für Lampen und Motoren verwendet. Obwohl es generell teurer war, bot Alkoholkraftstoff eine Stabilität der Versorgung, die vor allem in Gebieten wie London oder Paris, die keinen vorhersehbaren Zugang zu Öllieferungen hatten, verlockend war.
Alkohol hat einen niedrigeren Brennwert als Benzin, aber eine Reihe von Tests durch den Geologischen Dienst der USA und die US Navy in den Jahren 1907 und 1908 haben erwiesen, daß das höhere Verdichtungsverhältnis von Alkoholmotoren den niedrigeren Brennwert perfekt auszugleichen vermag, wodurch Alkohol- und Benzinmotoren einen gleichwertigen Kraftstoffverbrauch erzielen.
Ein früher Verfechter des Alkoholtreibstoffs war Henry Ford, der sein Modell T so entworfen hat, daß es entweder mit Alkohol oder Benzin betrieben werden konnte. Henry Ford erkannte eine Chance für neue Märkte, um die unabhängigen amerikanischen Farmen zu stärken, die seiner Meinung nach für die Nation lebenswichtig waren, und hat gegenüber der New York Times gesagt:
„Der Treibstoff der Zukunft kommt von Früchten wie den Sumach [Link hinzugefügt / Anm. d. Übers,] draußen an der Straße oder von Äpfeln, Unkraut, Sägemehl — so gut wie allen. In jedem Stückchen pflanzlichen Materials, das fermentiert werden kann, steckt Kraftstoff.“
Die Landwirte, die darauf aus waren, hieraus Kapital zu schlagen, setzten sich für die Aufhebung der Alkoholsteuer in Höhe von 2,08 Dollar pro Gallone ein, die zur Finanzierung des Bürgerkriegs eingeführt worden war. Sie wurden von denjenigen unterstützt, die Alkoholkraftstoff als Möglichkeit sahen, das Monopol der Öligarchen zu brechen. Zur Unterstützung eines Gesetzes zur Aufhebung der Alkoholsteuer sagte Präsident Teddy Roosevelt im Jahr 1906 vor dem US-Kongreß:
„Die Standard Oil Company hat, größtenteils durch unfaire oder ungesetzliche Methoden, den heimischen Wettbewerb zerschlagen. Es ist sehr wünschenswert, daß ein Element des Wettbewerbs durch die Verabschiedung eines Gesetzes eingeführt wird, das das Haus bereits verabschiedet hat, durch das der in der Industrie verwendete Alkohol steuerbefreit wird.“
Im Jahr 1906 ist die Alkoholsteuer aufgehoben worden, und für eine Zeitlang war eine Gallone Mais-Ethanol mit 14 Cent billiger als Benzin mit 22 Cent pro Gallone. Das Versprechen einer billigen, unpatentierbaren, unmonopolisierbaren Kraftstoffproduktion, einer Produktion, die jedem offen steht, der Rohmaterial und ein Destillierapparat besitzt, fegte durch die Nation.
Aber billiger, reichlich vorhandener Brennstoff, der lokal und unabhängig angebaut und produziert werden kann, war nicht, was die Öligarchen im Sinn hatten.
Ein Bericht des Geologischen Dienstes der Vereinigten Staaten (USGS) aus dem Jahr 1909, in dem Gas- und Alkoholmotoren verglichen wurden, hatte festgestellt, dass ein wichtiger Punkt zugunsten von Alkoholkraftstoff darin bestand, daß es weniger Auflagen für die Produktion von Alkoholmotoren gab. Für die Öligarchen war die Antwort einfach: Finde einen Weg, um den Alkoholmotoren größere Auflagen aufzuerlegen. Zu ihrem Glück traf die Antwort auf ihr Problem bereits auf breite Unterstützung.
Im 19. Jahrhundert hatte Amerika ein Alkoholproblem. Bis 1830 trank der Durchschnittsamerikaner, der über 15 Jahre alt war, 26 ½ Liter reinen Alkohol pro Jahr, dreimal so viel wie der heutige Durchschnitt. Dies führte zu den ersten Anti-Alkohol-Bewegungen in den 1830er und 1840er Jahren und zur Gründung der Prohibition Partei in 1869 und der Christlichen Mäßigungsunion der Frauen in den 1870er Jahren. Die Bewegung genoß breite und wachsende Unterstützung, hatte aber nur wenige politische Erfolge. Maine flirtete mit der Prohibition, indem man dort im Jahr 1851 den Verkauf und die Herstellung von Schnaps verbot, jedoch hielt das Verbot nur fünf Jahre.
Dies änderte sich mit der Gründung der Anti-Saloon Liga im Geburtsstaat von Standard Oil in Ohio im Jahre 1893. Die ASL wurde von John D. Rockefellers langjährigem persönlichen Freund Howard Hyde Russell ins Leben gerufen und teilweise durch großzügige jährliche Spenden von Rockefeller selbst finanziert. Die ASL wurde, mit Rockefellers Unterstützung, schnell zur treibenden Kraft hinter einer nationalen Bewegung, um die Produktion und den Verkauf von Alkohol zu verbieten.
Rockefeller selbst war Abstinenzler, nicht aus moralischen Gründen, sondern weil er befürchtete, dass „gute Laune unter Freunden“ zu seinem geschäftlichem Untergang führen würde. Stephen Harkness, einer der stillen Partner-Investoren von Standard Oil und bis zu seinem Tod Direktor des Unternehmens, fiel Rockefeller ins Auge, als er ein Vermögen damit verdient hat, indem auf Grund eines Hinweises Whiskey vor der neuen Verbrauchssteuer aufkaufte und ihn mit riesigen Gewinn verkaufte, nachdem die Steuer eingeführt worden war.
Nein, Rockefeller und Standard Oil waren nicht über den moralischen Zustand der Nation besorgt…außer, soweit er sich auf ihre Bilanz auswirkte. Aber als im Jahr 1920 die Prohibition eingeführt wurde, hatte sie einen interessanten Nebeneffekt: Obwohl sie die Verwendung von Ethanol als Kraftstoff nicht direkt verbot, führte sie zu immer schärferen Beschränkungen, welche die Hersteller dazu zwangen, ihrem Ethanol Erdölprodukte beizufügen, um es vor seinem Verkauf als Getränk ungenießbar zu machen. Da Alkoholkraftstoff nun nicht mehr in der Lage war, mit Benzin zu konkurrieren, wurde von der Automobilindustrie gänzlich aufgegeben.
Um weiteren existentielle Bedrohungen für das riesige Vermögen der frühen Öligarchen vorzubeugen bedurfte es noch größeren Bemühungen im Social Engineering: öffentliche Verkerhrsmittel.
Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges war der private Pkw-Besitz noch eine relative Seltenheit; nur jeder zehnte Amerikaner besaß ein Auto. Für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung war die Bahn immer noch das Verkehrsmittel der Wahl, und die Stadtbewohner in den meisten Großstädten vertrauten auf elektrische Straßenbahnen, um sich mit ihnen durch die Stadt zu bewegen. Im Jahr 1936 gründete General Motors zusammen mit Firestone Tire und Standard Oil aus Kalifornien eine Scheinfirma, die „National City Lines“, um einen Prozeß der „Bustitution“ zu in Gang zu setzen: Ihr Ziel war es, Straßenbahnen zu verschrotten und die Schienen abzureißen, um sie durch GM-eigene Busse zu ersetzen, die mit Dieselkraftstoff betrieben werden. Der Plan war erstaunlich erfolgreich.
Wie Historiker und Forscher F. William Engdahl in „Myths, Lies and Oil Wars“ schreibt:
„Bis zum Ende der 1940er Jahre hatte GM mehr als einhundert elektrische Nahverkehrssysteme in 45 Städten gekauft und verschrottet und hierfür dieselbetriebene GM-Busse auf die Straße gesetzt. Bis 1955 waren fast 90% der elektrischen Straßenbahnlinien in den Vereinigten Staaten abgerissen oder anderweitig beseitigt worden.“
Das Kartell hatte darauf geachtet, seine Beteiligung an der National City Lines zu verbergen, jedoch wurde sie der Öffentlichkeit im Jahr 1946 von Edwin J. Quinby, einem unternehmerischen Korvettenkapitän im Ruhestand, aufgedeckt. Er verfaßte ein Manifest, in dem er enthüllte, was er als „sorgfältig und bewußt geplante Kampagne“, beschrieb, „um uns um unsere wichtigsten und wertvollsten öffentlichen Versorgungsunternehmen zu betrügen, unser elektrisches Eisenbahnsystem“. Er deckte den Aktienbesitz der Öligarchen an National City Lines und ihren Tochtergesellschaften auf und schilderte, wie sie Schritt für Schritt die Linien des öffentlichen Nahverkehrs in Baltimore, Los Angeles, St. Louis und anderen großen städtischen Zentren aufgekauft und zerstört hatten.
Quinby’s Warnung erregte die Aufmerksamkeit der Bundesanwälte, und 1947 wurde National City Lines wegen Verschwörung zur Bildung eines Transportmonopols und Monopolisierung des Verkaufs von Bussen und Zubehör verklagt. Im Jahr 1949 wurden GM, Firestone, Standard Oil von Kalifornien und ihre Angestellten und Geschäftspartner gemäß dem zweiten Anklagepunkt wegen Verschwörung verurteilt. Die Strafe für den Aufkauf und die Demontage der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur Amerikas? Eine Geldstrafe von 5.000 Dollar. H.C. Grossman, der Direktor von Pacific City Lines, der die Verschrottung des 100 Millionen Dollar teuren Pacific Electric Systems von LA beaufsichtigt hat, wurde mit einer Geldstrafe von genau 1 Dollar belegt.
Es überrascht nicht, daß GM und seine Partner nicht lange der Ungnade ausgesetzt waren. Im Jahr 1953 ernannte Präsident Eisenhower Charles Wilson, den damaligen Präsidenten von General Motors, zum Verteidigungsminister. Wilson kontrollierte mit Francis DuPont, aus der mit Rockefeller verbundenen Familie DuPont, als Verwaltungsdirektor der Autobahnen eines der größten öffentlichen Bauprojekte der amerikanischen Geschichte: die Errichtung des landesweiten Autobahnnetzes. Wegen der immer noch gültigen Verbrauchssteuer auf Bahnfahrkarten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der mit Bundesmitteln finanzierten Autobahnen und Flughäfen, die billigere Alternativen boten, verringerte sich der Schienenverkehr zwischen 1945 und 1964 um erstaunliche 84%.
Diese Form des Social Engineering hat sich für Standard Oil und seine wachsende Anzahl an Partnern au dem Bereich der Petrochemie sehr gelohnt. In den zweieinhalb Jahrzehnten nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatte sich die Fahrzeugproduktion in Detroit von 4,5 Millionen Fahrzeugen im Jahr 1940 auf über 11 Millionen im Jahr 1965 fast verdreifacht. Infolgedessen stieg der Absatz von raffiniertem Benzin im selben Zeitraum um 300%.
Aber Rockefeller war nicht der einzige Öligarch, der daran arbeitete, jedwede Opposition gegen sein Monopol zu zerschlagen.
Auch auf der anderen Seite des Teiches arbeiteten die europäischen Öligarchen daran, ihre eigenen Öl-Investitionen vor aufstrebenden Konkurrenten zu schützen. Im Jahr 1889 erhielt ein Konsortium deutscher Investoren unter Führung der von Georg von Siemens gegründeten Deutschen Bank von der türkischen Regierung den Auftrag für den Bau einer Eisenbahnlinie, die Berlin über Bagdad mit Basra am Persischen Golf im damaligen Osmanischen Reich verbinden sollte. Die Konzession für die Bagdad-Bahn war neunundneunzig Jahre lang gültig und war mit Förderrechten auf einer Breite von zwanzig Kilometer zu beiden Seiten der Strecke ein besonders lukrativer Deal, da die Bahn mitten durch das Herz der noch unerschlossenen mesopotamischen Ölgebiete südlich von Mossul entlang des Tigris führte.
Für die Mächte hinter dem britischen Imperium, die sich mit dem militärischen Aufstieg Deutschlands befaßten, war dieser Deal inakzeptabel.
William Engdahl: Nun, Deutschland suchte Ende des 19. Jahrhunderts nach Absatzmöglichkeiten für seine Exporte – seine Industrieexporte, da die deutsche Wirtschaft in einem Ausmaß wuchs, wie Chinas Wirtschaft in den vergangenen 30 Jahren gewachsen ist. So wurde entschieden, daß die Türkei ein idealer strategischer Handelspartner für Deutschland sein würde. Und Georg von Siemens, einer der Direktoren der Deutschen Bank, hatte eine Strategie entwickelt, eine Eisenbahnstrecke von Berlin bis in das damals im Osmanischen Reich und heute im Irak gelegene Bagdad, bis an den Persischen Golf zu verlängern. Das deutsche Heer begann mit der Ausbildung des türkischen Militärs. Die deutsche Industrie begann in der Türkei zu investieren. Sie sahen einen riesigen potentiellen Markt, mit dem die Türkei wirtschaftlich in das 20. Jahrhundert gebracht werden könnte. Die Deutsche Bank hat auch über Schürfrechte verhandelt – ich glaube, es waren 20 Kilometer zu beiden Seiten der Eisenbahn und es war bereits im Jahr 1914 bekannt, daß Mossul und diese anderen Gebiete riesige Erdölvorkommen lagerten.
Warum das so wichtig ist? Ende des 19. Jahrhunderts sprach sich Jack Fisher, der Leiter der Admiralität und Leiter der Royal Navy, für die Umstellung der britischen Marine von der Dampf- auf auf die Motorschiffahrt aus, da hieraus eine sowohl qualitative als auch strategische Verbesserung aller Aspekte beim Bau von Kriegsschiffen folgen würde. Und da Großbritannien nicht wußte, daß es damals selbst Erdöl besaß, ging man nach Persien und betrog den Schah um um die dortigen Förderrechte. Sie gingen nach Kuwait und unterstützten einen Staatsstreich gegen die dort herrschende Familie Al-Sabah, um sie als Bauernopfer zu verwenden und schlossen einen Vertrag mit ihr, der Kuwait buchstäblich zu einem Gouvernantenstaat machte. Und Kuwait war für sein Erdöl direkt am Persischen Golf bekannt.
Die Briten sahen sich diesen Bahnplan der Deutschen an, deren Strecke bis nach Bagdad reichte, und sagten: „Mein Gott! Man kann Soldaten in Eisenbahnwaggons setzen und sie dorthin hinfahren, um die Erdölader der britischen Marine zu bedrohen.“ Das ist ein strategischer Schritt der Deutschen, der Deutschland auch unabhängig von der britischen Kontrolle der Weltmeere machen würde. Die britischen Öligarchen, darunter die britische Krone mit ihrer versteckten Mehrheitsbeteiligung am anglo-persischen Öl und Rothschilds Kaufmann Marcus Samuel von Royal Dutch Shell, versuchten dieser deutschen Bedrohung ihrer kommerziellen und strategischen Interessen entgegenzuwirken. Sie hätten eine Landverbindung ähnlich der Infrastruktur der „neuen Chinesischen Seidenstraße“ für Hochgeschwindigkeitszüge durch Eurasien nach Rußland, nach Belarus und bis nach Europa bauen können, die heute der Marine der Vereinigten Staaten, die Möglichkeit für eine ausgedehnte Kontrolle Zentralasiens nimmt.
Die britischen Öligarchen, einschließlich der Britischen Krone mit ihren verborgenen Anteilen am anglo-persischen Erdöl und der Geschäftsmann der Rotschilds bei Royal Dutch Shell, Marcus Samuel, begehrten sich dieser deutschen Bedrohung ihrer wirtschaftlichen und strategischen Interessen zu widersetzen. Sie benutzten den in Armenien geborenen, eingebürgerten britischen Staatsbürger Calouste Gulbenkian, den Architekten der Fusion von Royal Dutch und Shell, um, wie er sich später erinnerte, „zu sehen, ob der britische Einfluß in der Türkei die Oberhand über die Deutschen gewinnt“. Wenn das seine Aufgabe gewesen ist, war er erstaunlich erfolgreich.
Im Jahr 1909 gründeten die Briten die Türkische Nationalbank, die jedoch nur dem Namen nach „türkisch“ war. Die Bank war vom Londoner Bankier Sir Edward Cassel gegründete und mit Direktoren wie Hugo Baring von der Bankiersfamilie Barings besetzt worden. Unter Cassel selbst und gemeinsam mit Gulbenkian, gründete die Bank im Jahr 1912 die Turkish Petroleum Company. Ausdrücklich gegründet, um die erdölreichen Ölfelder des Irak, damals Teil des Osmanischen Reiches, auszubeuten, handelte Gulbenkian einen Vertrag aus, der die Deutsche Bank mit ihren 40 Kilometer breiten Förderrechten entlang der ölreichen Strecke der Bagdad-Bahn zu einer Juniorpartnerschaft mit dem Unternehmen zwang. Die Aktien wurden aufgeteilt, so dass die Anglo-Persische Ölgesellschaft der britischen Regierung die Hälfte der Aktien besaß, während Royal Dutch Shell und die Deutsche Bank sich die andere Hälfte teilten.
Ihr Plan, die Ölinteressen Deutschlands in der Türkei zu übernehmen, war erfolgreich, aber bei dieser verblüffenden Ironie spielte selbst das keine Rolle. Gulbenkian beendete die Verhandlungen über die irakische Ölkonzession am 28. Juni 1914, also genau an dem Tag, an dem Erzherzog Ferdinand in Sarajevo erschossen worden ist. Ein Bündnis, das die Briten nach jahrelangen Verhandlungen geschlossen hatten, um die wachsende deutsche Bedrohung einzudämmen, ein Bündnis mit Frankreich und Rußland, trat in Kraft, und die Welt wurde in einen Krieg gestürzt. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges hatten die Briten und ihre Verbündeten den Irak und seine Ölvorkommen ohnehin übernommen, Deutschland war völlig abgeschnitten, und Gulbenkian, ihr intriganter Diener, erhielt 5% aller Ölerlöse, die aus dem neu geprägten Land kamen.
Im Laufe des Jahrhunderts entwuchs die Ölindustrie der Kontrolle der fünf Familien, die sie von Anfang an beherrscht hatten. Erdölvorkommen lagen rund um den Globus, und die Ressourcen ganzer Nationen wurden herangezogen, um sie zu kontrollieren. Die Bedrohung der Öligarchen und ihrer Interessen erforderte nun multilaterale, multinationale Reaktionen, und die Folgen dieser Geschäfte waren weltweit spürbar.
Die Geschichte des Ölschocks von 1973, wie sie uns von den Geschichtsbüchern geliefert wird, ist bekannt.
Erzähler: In den späten 1960er Jahren verließ sich die amerikanische Nation auf importiertes Öl, um die Wirtschaft stark zu halten. Dann, Anfang der 1970er Jahre, erfüllten sich die Alpträume ölabhängigen Amerikas: erdölproduzierende Länder im Nahen Osten und Südamerika gründeten die OPEC, die Organisation erdölexportierender Länder, die im Jahr 1973 ein Ölembargo über die USA und andere Nationen verhängte, die Israel im Jom-Kippur-Krieg gegen die arabischen Staaten unterstützt hatten.
Quelle: History of Oil
Die amerikanische Wirtschaft geriet ins Trudeln, als die Benzinknappheit das Land erfaßte. Nur wenige wissen jedoch, daß die Krise und die daraus resultierende Reaktion bereits Monate vorher auf einem geheimen Treffen 1973 in Schweden vorbereitet worden ist. Das Treffen war die jährliche Zusammenkunft der Bilderberg-Gruppe, einer geheimnisvollen Kabale, die im Jahr 1954 von Prinz Bernhard von den Niederlanden gegründet worden war.
Die niederländische Königsfamilie hat Royal Dutch Petroleum nicht nur ihren königlichen Stempel aufgedrückt, sie soll angeblich auch heute noch, gemeinsam mit den Rothschilds, einer der größten Anteilseigner von Royal Dutch Shell sein, seit den Tagen, als Königin Wilhelminas anglo-niederländische Erdölbeteiligungen und andere Investitionen sie zum ersten weiblichen Milliardär der Welt gemacht haben, bis heute. Bernhards Gästeliste bei der Bilderberg-Gruppe spiegelte seine Position in der Öligarchie wider; neben ihm auf der schwedischen Konferenz vertreten waren David Rockefeller von der Standard Oil Dynastie und sein Schützling Henry Kissinger, Baron Edmond de Rothschild, E.G. Collado, Vizepräsident von Exxon, Sir Denis Greenhill, Direktor von British Petroleum und Gerrit A. Wagner, Präsident von Bernhards eigener Royal Dutch Shell.
Auf ihrem Treffen in Schweden, das fünf Monate vor Beginn der Ölkrise stattfand, planten die Öligarchen und ihre politischen und geschäftlichen Verbündeten ihre Reaktion auf eine Währungskrise, welche die Weltherrschaft des US-Dollars über die Währungen bedrohte. Unter dem Bretton-Woods-System, das in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges ausgehandelt wurde, wäre der US-Dollar das Rückgrat des Weltwährungssystems, das mit 35 Dollar pro Unze in Gold konvertierbar gewesen ist, während alle anderen Währungen daran gebunden waren. Steigende US-Ausgaben in Vietnam und sinkende Exporte veranlaßten Deutschland, Frankreich und andere Länder jedoch, Gold für ihre Dollar zu verlangen.
Da die offiziellen Goldbestände der US-Notenbank in die Knie gingen und man die Nachfrage nicht mehr bremsen konnte, gab Nixon Bretton Woods im August 1971 auf und bedrohte damit die Position des Dollars als Weltreservewährung.
Richard Nixon: Dementsprechend habe ich den Finanzminister angewiesen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Dollar gegen die Spekulanten zu verteidigen. Ich habe Minister Connally angewiesen, die Konvertibilität des Dollars in Gold oder andere Währungsreserven vorübergehend auszusetzen, außer bei Beträgen und unter Bedingungen, die im Interesse der Währungsstabilität und im besten Interesse der Vereinigten Staaten festgelegt worden sind.
Quelle: Nixon Ends Bretton Woods
Wie die durchgesickerten Dokumente des Bilderberger Treffens von 1973 zeigen, beschlossen die Öligarchen, ihre Kontrolle über die Erdölförderung zu nutzen, um den amerikanischen Hegemon zu retten. Im Bewußtsein, dass die OPEC „das Weltwährungssystem völlig desorganisieren und untergraben könnte“, bereiteten sich die Bilderberg-Teilnehmer auf „eine Energiekrise oder einen Anstieg der Energiekosten“ vor, was, wie sie voraussagten, einen Ölpreis zwischen 10 und 12 Dollar bedeuten könnte, was wiederum einem atemberaubenden Anstieg von 400% gegenüber dem damaligen Preis von 3,01 Dollar pro Barrel entsprach.
Fünf Monate später, hat Bilderberg-Teilnehmer und Rockefeller-Schützling Henry Kissinger, der als Außenminister Nixona fungierte, den Yom Kippur-Krieg organisiert und die OPEC zur einer Reaktion provoziert: ein Ölembargo gegen die USA und anderer Nationen, die Israel unterstützt hatten. Am 16. Oktober 1973 erhöhte die OPEC den Ölpreis um 70%. Bei ihrem Treffen im Dezember forderte und setzte der Schah des Irans eine weitere Preiserhöhung auf 11,65 Dollar pro Barrel durch, was einem Vierfachen des Ölpreises vor der Krise entspricht. Auf die Frage des persönlichen Abgesandten des saudischen Königs Faisal, warum er eine so kühne Preiserhöhung gefordert hatte, antwortete er: „Sag deinem König, wenn er die Antwort auf diese Frage erhalten will, sollte er nach Washington gehen und Henry Kissinger fragen.“
Im zweiten Schritt der Operation half Kissinger bei der Aushandlung eines Abkommens mit Saudi-Arabien: Im Gegenzug für US-Waffen und militärischen Schutz würden die Saudis alle ihre zukünftigen Ölverkäufe in Dollar abwickeln und diese Dollars durch Käufe von Staatsanleihen über Wall Street-Banken recyceln. Das Geschäft war für die Öligarchen ein Goldesel; sie konnten die Preiserhöhungen nicht nur an die Verbraucher weitergeben, sondern profitierten auch von den riesigen Geldströmen in ihre eigenen Banken. Der Schah des Iran legte die Einnahmen der National Iranian Oil Company in Rockefellers eigener Chase Bank an – Einnahmen, die im Zuge der Ölkrise 14 Milliarden Dollar pro Jahr erreichten.
Mit der Erschaffung dieses neuen Systems, des „Petrodollars“, hatten die Öligarchen eine nie dagewesene Kontrolle über die Wirtschaft erreicht. Nicht nur das, sie hatten das Weltwährungssystem mit ihrem Rohstoff Öl abgesichert und die potentielle Konkurrenz der aufstrebenden Fördernationen in einem Schritt unter ihre Kontrolle gebracht.
Doch für den unstillbaren Appetit dieser monopolistischen Titanen reichte die bloße Kontrolle über das Weltwährungssystem nicht aus…
DRITTER TEIL: DIE WELT NACH IHREM BILDE
Im 19. Jahrhundert reichten Eisenbahnverschwörungen und Verdrängungspraktiken aus, um das Monopol der Öligarchen zu sichern. Aber jedoch die britische Krone, die niederländische Königsfamilie, die Rothschilds und die anderen europäischen Öligarchen im frühen zwanzigsten Jahrhundert damit begannen, den Nahen Osten und den Fernen Osten für die Ölförderung zu öffnen, bestand das Ziel nicht darin, die Profite zu maximieren oder die Ölindustrie zu kontrollieren. Es ging nicht einmal darum, die internationale Diplomatie zu kontrollieren. Es galt, die Welt selbst zu kontrollieren und zu gestalten. Ihre Ressourcen. Ihre Umwelt. Und ihre Völker.
Um dieses Ziel zu erreichen, bedurfte die Öligarchie eines Faceliftings.
In der heutigen Zeit, in der der Name Rockefeller nun eher mit Rockefeller Plaza oder Rockefeller University in Verbindung gebracht wird als mit Standard Oil, ist es schwer zu verstehen, wie sehr John D. zu seinen Lebzeiten gehaßt worden ist. Er war der Kopf der Standard Oil-Hydra, ein die Welt strangulierender Krake, ein mörderischer Gärtner, der die Konkurrenten von der Blüte seines Ölmonopols zurückschneidet. Als einer der reichsten Männer, welche die Welt je gekannt hatte, war er ein leichtes Ziel für die Frustrationen des durchschnittlichen Arbeiters und ein Magnet für die Armen, die der Hilfe bedurften.
Judith Sealander, Historikerin: Er erhielt durchschnittlich 50.000 bis 60.000 Briefe im Monat, in denen er um Hilfe gebeten wurde. Dutzende von Menschen folgten ihm auf der Straße. Im wahrsten Sinne des Wortes standen Menschenmassen um die Büros von Standard Oil herum und warteten darauf, daß er herauskam. Kleine Kinder, schmerzhaft dünn, weinend auf der Straße und so weiter. Rockefeller fühlte sich überwältigt.
Quelle: The Rockefellers
Belagert von den Unterdrückten, von den Arbeitern verachtet, gejagt von Ida Tarbell und der Skandalpresse, hatte John D. die Mutter aller PR-Probleme. Die Antwort war einfach: Erfinde die PR-Industrie. Er engagierte Ivy Ledbetter Lee, einen vom Journalismus stammenden Kommunikationsexperten, der die moderne PR-Industrie erfand, um das angeschlagene Image der Rockefellers zu polieren. Es war Lee, der vorschlug, dem Rockefeller Center den Familiennamen zu geben und John D. dabei zu filmen, wie er in der Öffentlichkeit ein paar Groschen verteilt.
Filmauschnitt:
Erzähler: Lee, ein früher Meister der Öffentlichkeitsarbeit, benutzte die Medien, mit denen die Skandalreporter Rockefeller blamiert hatten, um ihn zu einer sympathischen Figur zu machen. Ivy Lee erkannte früh die Macht des neuen bewegten Bildes und benutzte die Wochenschau, um einen bemerkenswert wohlwollenden Rockefeller zu zeigen.
John D. Rockefeller: Ich bin Ihnen und einer Vielzahl von Menschen sehr dankbar, die immer so freundlich und gut zu mir sind.
Zweiter Mann: Warum? Sie sind es doch, der so gut zu allen ist.
John D. Rockefeller: Doch, das sind Sie.
Peter Collier: Als Ivy Lee anfing, sein öffentliches Image zu kontrollieren, wurde er seltsamerweise zu einer Art Abbild des Amerikaners, und die Menschen erwärmten sich ihm gegenüber auf eine bizarre Art und Weise. Es war, als hätte man Frankenstein auf freiem Fuß durch New York City laufen lassen oder so ähnlich, mit Spazierstock und Zylinder.
Erzähler: Obwohl das hier gezeigte Flugzeug niemals abhob, wurden diese Bilder als des Senior’s Erstflug präsentiert. Vielleicht war Ivy Lees brillanteste PR-Aktion die Besetzung von Rockefeller als „Der Mann, der Groschen verteilte“.
Mann im Hintergrund: Wollen Sie nicht ein paar Groschen verteilen, Mr. Rockefeller? Bitte, fahren Sie fort.
Frau: Ich danke Ihnen, Sir.
Mann: Ich danke Ihnen vielmals.
John D. Rockefeller: Danke für den Flug!
Mann: Ich fühle mich reichlich belohnt.
John D. Rockefeller: Gott segne Sie! Gott segne Sie! Gott segne Sie!
Diese PR-Stunts mögen heute offensichtlich und plump erscheinen, aber sie waren effektiv genug: Bis heute legen die Menschen Groschen auf die steinerne Markierung am Fuße des über 21 Meter hohen ägyptischen Obelisken, der über John D.’s letzte Ruhestätte auf dem Lake View Friedhof in Cleveland steht. Aber es waren nicht inszenierte Filmszenen wie diese, die Rockefeller zu einem öffentlichen Helden machten.
Um die Öffentlichkeit für sich zu gewinnen, mußte er ihnen das geben, was sie wollten. Und was sie wollten, war nicht schwer zu verstehen: Aber genau wie sein Vater, Devil Bill, ihn gelehrt hatte, sorgte Rockefeller dafür, daß er bei all seinen Geschäften am längeren Hebel saß. Er sollte seinen großen Reichtum für die Schaffung öffentlicher Institutionen „spenden“, aber diese Institutionen werden benutzt, um die Gesellschaft nach seinem Willen auszurichten.
Wie jeder Möchtegern-Herrscher im Laufe der Geschichte erkannt hat, muß die Gesellschaft von Grund auf verändert werden. Die Amerikaner im 19. Jahrhundert schätzten noch immer Bildung und intellektuelle Bestrebungen, wobei die Volkszählung von 1840 wenig überraschend feststellte, daß die Vereinigten Staaten – eine Nation, die von Schriften wie Thomas Paines bemerkenswert populärem Common Sense mobilisiert worden war – eine Nation von Lesern mit einer bemerkenswerten Alphabetisierungsrate von 93% bis 100% gewesen ist. Vor Einführung der gesetzlichen Schulpflicht in Massachusetts im Jahr 1852 war die Bildung privat und dezentralisiert organisiert, und als Folge davon war die klassische Bildung, einschließlich der Lehre von Griechisch und Latein und soliden geschichtlichen und wissenschaftlichen Grundlagen, weit verbreitet.
Aber eine Nation von Individuen, die für sich selbst denken konnten, war ein Fluch für die Monopolisten. Die Öligarchen brauchten eine Masse von gehorsamen Arbeitern, eine ganze Klasse von Menschen, deren Intellekt gerade so weit entwickelt war, um sie auf ein Leben der Plackerei in einer Fabrik vorzubereiten. Ins Zentrum der Bildungspolitik trat John D. Rockefeller mit seinem ersten großen Akt der öffentlichen Nächstenliebe: der Gründung der Universität von Chicago.
Er wurde bei dieser Aufgabe von Frederick Taylor Gates unterstützt, einem Baptistenprediger, mit dem Rockefeller seit 1889 befreundet war, und der später John D.’s vertrauenswürdigster philanthropischer Berater werden sollte. Gates sollte damit beginnen, eine kurze Abhandlung mit dem Titel „The Country School of Tomorrow“ zu schreiben, die den Rockefellers Bildungspläne offenlegte:
„Wir träumen davon unbegrenzten Ressourcen zu besitzen und davon, daß die Menschen sich in totaler Hingabe unserer formenden Hand unterwerfen. Die gegenwärtigen Bildungskonventionen verblassen vor unseren Gedanken, und, ungehindert von Traditionen, wirken wir mit unserem eigenen guten Willen auf ein dankbares und ansprechbares Volk ein. Wir werden nicht versuchen, diese Menschen oder ihre Kinder zu Philosophen, Gelehrten oder Wissenschaftlern zu machen. Wir sollten aus ihnen keine Autoren, Redner, Dichter oder Literaten machen. Wir werden weder nach Keimen großer Künstler, Maler oder Musiker suchen noch werden wir den bescheideneren Ehrgeiz hegen, sie zu Rechtsanwälten, Ärzten, Predigern, Politikern und Staatsmännern auszubilden, von denen es schon zur Genüge gibt.“
Obwohl Rockefellers Ressourcen nicht gerade grenzenlos waren, hätten sie es dennoch sein können. Im Jahr 1902 gründete er das Allgemeine Bildungsamt, um Gates‘ Vision für die Landschule von morgen mit einer erstaunlichen Spende von 180 Millionen Dollar umzusetzen.
Der Einfluß von Rockefeller auf die Bildung war fast sofort spürbar und wurde durch die Hilfe von Monopolisten der damaligen Zeit verstärkt, die sich dem Thema Philanthropie aus dem gleichen Blickwinkel näherten.
Obwohl er wohl am ehesten als Stahlmagnat bekannt ist, gründete Andrew Carnegie sein Vermögen auf den Schienen, die Rockefellers Standard-Öl durch das Land transportierten, und es gewann durch eine lukrative Investition in Immobilien in der Nähe von Oil Creek, die stetige, profitable Ölverkäufe ermöglichte, enorm an Größe. Im Jahr 1905 gründete er die Carnegie Stiftung zur Weiterentwicklung von Lehrmethoden, eine steuerbefreite Stiftung, durch die Carnegie und seine Angestellten die Entwicklung des Bildungssystems in den Vereinigten Staaten und schließlich weltweit steuern konnten. Im Jahr 1910 gründete Rockefeller die Rockefeller Stiftung, die zum steuerbefreiten Dachverband für seine philanthropischen Ambitionen wurde.
Wie das Reece Komitee – ein Ausschuß des Kongresses zur Untersuchung der Aktivitäten dieser steuerfreien Stiftungen in den 1950er Jahren – herausfand, dauerte es nicht lange, bis Carnegie’s Stiftung mit einem Vorschlag an Rockefeller’s Stiftung herantraten: Sie sollten bei ihrem gemeinsamen Wunsch zusammenarbeiten, das amerikanische Bildungssystem nach ihren Vorstellungen zu transformieren. Norman Dodd, der Forschungsdirektor des Kongressausschusses, dem der Zugang zum Vorstandsprotokoll der Carnegie-Stiftung gewährt wurde, erklärt:
Also machen sie der Rockefeller Stiftung einen Vorschlag: derjenige Teil der Bildung, der als inländisch angesehen werden könne, sollte von der Rockefeller Stiftung organisiert werden, während derjenige Teil, der als international betrachtet werde, von der Carnegie-Stiftung organisiert werden sollte.
Daraufhin entscheiden sie, daß der Schlüssel zum Erfolg dieser beiden Operationen in der Veränderung des Unterrichts der amerikanischen Geschichte liegen solle. Also wenden sie sich an vier der damals prominentesten Lehrer der amerikanischen Geschichte im Land – an Menschen wie Charles und Mary Byrd. Ihr Wink an diese lautet: „Werdet ihr die Art und Weise, wie sie dieses Fach präsentieren, verändern?“ Und dies wurde entschieden abgelehnt.
Also entscheiden sie sich dann dann für die Notwendigkeit, sozusagen, „einen eigenen Stab von Historikern heranzuziehen“. Dann wenden sie sich an die Guggenheim Stiftung, die sich auf Stipendien spezialisiert hat und sagen: „Wenn wir junge Männer finden, die auf dem Gebiet der amerikanischen Geschichte promovieren, und wir glauben, daß sie das richtige Kaliber haben, werden Sie ihnen dann Stipendien gewähren, wenn wir dies für richtig halten?“ Und ihre Antwort lautet: „Ja.“
Unter dieser Bedingung finden sich schließlich zwanzig Menschen zusammen, und sie bringen diese zwanzig potentiellen Lehrer für amerikanischen Geschichte nach London. Dort werden sie darüber informiert, was von ihnen erwartet wird – nämlich wann, wie und ob sie sich Positionen sichern, die mit der Promotion einhergehen, welche sie sich erarbeitet haben.
Diese Gruppe von zwanzig Historikern wird schließlich zum Kern der American Historical Association. Und dann, gegen Ende der 1920er Jahre, gewährt die Carnegie-Stiftung der American Historical Association 400.000 Dollar für eine Studie unserer Geschichte in einer Art und Weise, die andeutet, was dieses Land in Zukunft erwartet.
Das gipfelt in einer siebenbändigen Studie, deren letzter Band natürlich im Wesentlichen eine Zusammenfassung der Inhalte der anderen sechs ist. Das Wesen des letzten Bandes ist folgendes: Die Zukunft dieses Landes gehört dem Kollektivismus, der mit der typisch amerikanischer Effizienz verwaltet wird.
Quelle: Norman Dodd interview
Mit dieser Transformationsbasis fest verankert, starteten die Rockefeller Stiftung und die gleichgesinnte Organisation ein Programm, das so ehrgeizig ist, daß es kaum zu fassen ist.
Sie verwandelten die medizinische Praxis.
Wie üblich waren die Öligarchen, die diese Veränderung finanziert haben, auch da, um davon zu profitieren, und John D. hat sich wieder einmal an dem Beispiel von „Devil“ Bill orientiert. William Rockefeller hatte seine Marke des Schlangenöls „Nujol“ für „neues Öl“ genannt, und Standard Oil hat „Nujol“ als ein von ihrer Tochtergesellschaft Stanco hergestelltes Abführmittel vertrieben. Hergestellt in denselben Räumlichkeiten wie „Flit“, ein Insektizid, das ebenfalls aus den Nebenprodukten von Standard Oil gewonnen wurde, wurde „Nujol“ beim Apotheker für 28 Cent pro 6-Unzen-Flasche angeboten; die Herstellung kostete Standard Oil weniger als ein einen Fünftel Cent. Pharmazeutika boten eine neue, lukrative Gelegenheit für die Öligarchen, die jedoch zur Zeit der Jahrhundertwende in Amerika, das noch weitgehend auf naturheilkundlichen, pflanzlichen Heilmitteln vertraute, schwerer verkäuflich waren. Also machte sich die Öligarchie daran, das zu ändern.
Im Jahr 1901 gründete John D. das Rockefeller Institut für medizinische Forschung. Das Institut rekrutierte Simon Flexner, einen Professor für Pathologie an der Universität von Pennsylvania, als Direktor. Sein Bruder, Abraham, ein Lehrer, wurde von der Carnegie Stiftung beauftragt, einen Bericht über den Zustand des amerikanischen medizinischen Ausbildungssystems zu schreiben. Seine Studie, der Flexner Report, die gemeinsam mit den Hunderten Millionen Dollar, welche die Rockefeller- und Carnegie-Stiftungen in den kommenden Jahren auf die medizinische Forschung schütten sollten, führte zu einer umfassenden Überarbeitung des amerikanischen Gesundheitssystems. Die naturheilkundliche und homöopathische Medizin, die medizinische Versorgung mit dem Schwerpunkt auf weder patentierbare noch kontrollierbare Naturheilmittel und Kuren wurde nun als Quacksalberei abgetan, und nur die medikamentöse allopathische Medizin, die teure medizinische Verfahren und lange Krankenhausaufenthalte erfordert, sollte künftig ernst genommen werden.
Erzähler: Die Vermögen von Carnegie, Morgan und Rockefeller finanzierten Chirurgie, Bestrahlung und synthetische Medikamente. Sie sollten die wirtschaftlichen Grundlagen der neuen medizinischen Ökonomie werden.
G. Edward Griffin: Die Übernahme des Gesundheitssystems wurde durch die Übernahme der Medizinischen Fakultäten vollzogen. Nun, die Leute, über die wir hier sprechen, insbesondere Rockefeller und Carnegie, traten in Erscheinung und sagten: „Wir werden das Geld aufbringen.“ Sie boten den Universitäten, die bereit waren mit ihnen zusammenzuarbeiten, enorme Geldbeträge an. Die Spender sagten zu den Hochschulen: ‚Wir geben Ihnen all dieses Geld, und wäre es jetzt zu viel verlangt, wenn sie einige unserer Leute in Ihren Vorstand aufnehmen, um zu sehen, daß unser Geld sinnvoll verwendet wird?‘ Fast über Nacht erhielten alle großen Universitäten große Zuschüsse aus diesen Quellen und akzeptierten auch ein, zwei oder drei dieser Personen, die ich erwähnt habe, in ihrem Vorstand, und so wurden die Hochschulen buchstäblich von den finanziellen Interessen der Geldgeber übernommen.Nun, was infolgedessen geschah, ist, daß die Universitäten eine Geldinfusion erhalten haben. Sie konnten ihren Campus erweitern, teure Geräte für ihre Labors beschaffen und erstklassige Lehrkräfte einstellen, aber gleichzeitig haben sie das Ganze in Richtung pharmazeutische Medizin verschoben. Das war die Folge der Philanthropie.
Von diesem Zeitpunkt an wurden die Ärzte in der Anwendung pharmazeutischer Medikamente unterrichtet. Alle großen Lehranstalten in Amerika wurden so von den pharmazeutischen Interessen erfaßt, und es ist erstaunlich, wie wenig Geld es tatsächlich bedurfte, um dies umzusetzen.
Quelle: The Money Takeover Of Medicine
Die Öligarchie erschuf auf diese Weise die gesamte pharmazeutische Industrie aus ihren eigenen Forschungszentren und verkaufte dann die Produkte ihrer petrochemischen Unternehmen als „Heilmittel“. Es war Frank Howard, ein Geschäftsführer von Standard Oil in New Jersey, der Alfred Sloan und Charles Kettering davon überzeugen sollte, ihr Vermögen dem Krebszentrum zu spenden, welches dann ihren Namen tragen würde. Als Forschungsdirektor bei Sloan-Kettering beauftragte Howard Cornelius Rhoads, einen Pathologen des Rockefeller-Instituts, damit, seine Kriegsforschung über Senfgas für die US-Armee zu einer neuen Krebstherapie zu entwickeln. Unter der Leitung von Rhoads wurde fast das gesamte Programm und die Mitarbeiter des Chemical Warfare Service zum SKI Medikamentenentwicklungsprogramm reformiert, wo sie an der Umwandlung von Senfgas in chemotherapeutische Medikamente arbeiteten. Und wieder einmal wurde das von Rockefeller erfundene Schlangenöl als Allheilmittel gegen Krebs verkauft.
Das Interesse der Öligarchen an der aufkeimenden pharmazeutischen Industrie deckte sich mit dem von Unternehmen wie der I.G. Farben, ein Arzneimittel- und Chemiekartell, das sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland gebildet hat. Prinz Bernhard von Royal Dutch diente in den 1930er Jahren im Vorstand einer Tochtergesellschaft der I.G. Farben und die amerikanische Operation des Kartells, die in Zusammenarbeit mit Standard Oil ins Leben gerufen wurde, hatte Standard Oil-Präsidenten Walter Teagle sowie Paul Warburg von Kuhn, Loeb & Co. in ihrem Vorstand, welcher selbst wiederum von Jacob Schiff von der Maklerfamilie Rothschild geleitet worden ist. Auf ihrem Höhepunkt war die I.G. Farben das größte Chemieunternehmen der Welt und ihr viertgrößter Industriekonzern der Welt, direkt hinter Standard Oil aus New Jersey.
Das Unternehmen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst, aber wie bei Standard Oil blieben auch dort die verschiedenen Teile erhalten, und heute ist die BASF, einer ihrer Ableger in der Chenueindustrie, der Welt größtes Chemieunternehmen, während Bayer und Sanofi, zwei ihrer pharmazeutischen Ableger, zu den weltweit größten Pharmaunternehmen gehören.
Nicht damit begnügt, die Bereiche Bildung und Medizin zu monopolisieren, schlossen sich dieselben Interessenten der Ölkartelle zusammen, um die Kontrolle über Amerikas Finanzen zu übernehmen. Im Jahre 1910 trafen sich John D. Rockefeller Jr.’s eigener Schwiegervater, Senator Nelson Aldrich, Frank Vanderlip von der National City Bank und Paul Warburg, sowie verschiedene Agenten von J.P. Morgan, unter absoluter Geheimhaltung auf Jekyll Island, um die Einzelheiten dessen auszuarbeiten, was später zur Federal Reserve, Amerikas Zentralbank, werden sollte. Die im Jahr 1913 gegründete Fed sollte von handverlesenen Vertretern der Öligarchie und ihrer Partner aus dem Bankwesen geführt werden, einschließlich, und vielleicht zwangsläufig, von dem Präsidenten von Standard Oil und Direktor der amerikanischen Niederlassung von IG Farben, Walter Teagle.
Die Familie Rockefeller sollte in den 1950er Jahren formell ins Bankwesen eintreten, als James Stillman Rockefeller, der Enkel von John D.’s Bruder, zum Direktor der National City Bank ernannt worden ist. Währenddessen übernahm der Enkel von John D., David Rockefeller, die Chase Manhattan Bank, den langjährigen Bankpartner des Standard Oil Imperiums.
Die Geschichte der Rockefellers spiegelte mit diesem Zug perfekt jene ihrer Öligarchenkollegen, der Rothschilds. Während die Rothschilds ihr Bankvermögen um ihre Ölanteile ergänzt hatten, ergänzten die Rockefellers ihr Ölvermögen um Bankanteile.
Während sie von Erfolg zu Erfolg sprangen, als sie Monopole in allen Bereichen des menschlichen Daseins konsolidierten, wuchs die Gier der Öligarchen noch mehr. Dieses Mal war ihr Ziel, die Kontrolle über die Nahrungsmittelversorgung der Welt selbst zu konsolidieren, und wieder einmal sollten sie die Philanthropie als Deckmantel für ihre Geschäftsübernahme benutzen:
Erzähler: Die Grüne Revolution begann 1943, als der Pflanzengenetiker Norman Borlaug und ein Forscherteam mexikanischem Boden betreten haben. Sein Ziel galt der Verbesserung landwirtschaftlicher Techniken und biotechnologischer Methoden, was wiederum dazu beitragen würde den Hunger zu lindern und die Lebensqualität der Entwicklungsländer zu verbessern. Mit der Schaffung neuer, gentechnisch veränderter Sorten von Weizen, Reis, Mais und anderen Nutzpflanzen wollte Borlaug den Kampf gegen den Hunger in der Welt gewinnen. Seine Hoffnung war, daß diese neuen Kulturen und Anbaumethoden die Länder der Dritten Welt vor dem Hungertod bewahren würden.
Und genau das ist geschehen. Die landwirtschaftlichen Innovationen, die in die von Armut betroffenen Länder gebracht wurden, gaben den Landwirten die Fähigkeiten und Ressourcen, die sie für ihren Selbsterhalt benötigten. Dies löste eine Kette von Ereignissen aus, die es diesen einstmals ums Überleben kämpfenden Nationen ermöglichte, diesen Kampf zu gewinnen. Die Agrarexporte stiegen in Quantität und Vielfalt und ermöglichten es diesen Ländern, sich selbst zu versorgen.
Als die gentechnisch veränderten Kulturen gediehen, konnten die Landwirte ihr gestiegenes Einkommen für den Kauf neuer und besserer Landmaschinen nutzen. Diese Einkommenssteigerung machte die Landwirtschaft einfacher, zuverlässiger und effizienter. Die Grüne Revolution führte zur Modernisierung der Landwirtschaft und hatte tiefgreifende soziale, wirtschaftliche und politische Auswirkungen auf die Welt.
Die mexikanische Regierung wandte sich mit der Bitte an die Rockefeller Stiftung, Mexikos Landwirtschaft zu fördern.
Norman Borlaug war selbstredend ein Forscher der Rockefeller Stiftung, und die Grüne Revolution, für welche Ertragssteigerung sie auch immer sorgte, schuf auch Märkte für das eigene Interesse der Öligarchen an der petrochemischen Düngemittelindustrie und führte zum Saatgutkartell „ABCD“ von Archer Daniels Midand, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Diese Unternehmen und die damit verbundenen Interessen in der Lebensmittelverpackungs- und -verarbeitungsindustrie bildeten den Kern des amerikanischen „Agrobusiness“, ein Konzept, das an der Harvard Business School in den 1950er Jahren mit Hilfe der Forschung von Wassily Leontief für die Rockefeller Stiftung entwickelt worden ist.
Die amerikanischen Agrarriesen hatten ein gemeinsames Ziel: die Umwandlung der Landwirtschaft der Dritten Welt in einen Markt für ihre eigenen Waren. Unter diesem Gesichtspunkt war das Projekt ein Riesenerfolg. In den 1970er Jahren hatten das Rockefeller Standard Oil Netzwerk und seine Kumpane in der Stickstoffdüngemittelindustrie, einschließlich DuPont, Dow Chemical und Hercules Powder, weltweit Märkte erobert, die von der US-Regierung selbst im Rahmen des Programms „Food for Peace“ von Präsident Johnson geöffnet worden waren, das den Empfängern dieser Hilfen verpflichtete, an die Petrochemie gebundene landwirtschaftliche Technologien einzusetzen.
Die verarmten „Nutznießer“ dieser „Revolution“ der Dritten Welt, die sich diese neuen Technologien nicht selbst leisten konnten, stützten sich auf Kredite des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, die von Rockefellers eigener Chase Manhattan Bank verwaltet und von der US-Regierung garantiert wurden.
Die wirklichen Kosten der Grünen Revolution – ökonomische, landwirtschaftliche und ökologische – werden nur selten erfaßt. Der Zugang zu diesen schuldenfinanzierten und von der Petrochemie abhängigen Technologien verschärfte den Unterschied zwischen der Klasse der reichen Landbesitzer und den landlosen Bauern in Ländern wie z.B. Indien, wo Landreform und die Abschaffung von Wucher von der politischen Agenda gestrichen wurden, nachdem die Grüne Revolution die Macht übernommen hatte.
Schon damals wurde der Haupterfolg der Revolution, die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge, übertrieben. Das Ertragswachstum in ganz Indien hat sich nach der Einführung des Agrobusiness tatsächlich sogar verlangsamt. Die Umweltzerstörung ist noch verheerender. Ein Überblick in der Dezember-Ausgabe von Current Science aus dem Jahr 2000 stellt fest: „Die grüne Revolution hat nicht nur die Produktivität erhöht, sondern auch mehrere negative ökologische Folgen, wie die Auslaugung der Böden, die Abnahme der Bodenfruchtbarkeit, die Versalzung des Bodens, die Bodenerosion, die Verschlechterung der Umwelt, Gesundheitsgefahren, die schlechte Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Flächen und die Verschlechterung der biologischen Vielfalt. Der willkürliche Einsatz von Pestiziden, Bewässerung und unausgewogener Düngung bedroht die Nachhaltigkeit.“
Die Rockefeller Stiftung erkennt sogar die Kritik an der von ihr finanzierten Grünen Revolution an und besteht darauf, daß „aktuelle Initiativen die gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigen“. Dennoch finanziert die Stiftung weiterhin Forschungsarbeiten und verfaßt Berichte darüber, wie die Aussichten für Investitionen der Agrarindustrie in ihren Zielmärkten verbessert werden können.
So ungeheuerlich die Grüne Revolution auch war und ist, war sie in vielerlei Hinsicht doch nur der Auftakt für ein noch ehrgeizigeres Projekt: die Genetische Revolution. Jetzt geht es nicht nur darum, die Technologien, Lieferungen und chemischen Einsatzstoffe für die Landwirtschaft weltweit zu monopolisieren, sondern auch die Nahrungsmittelversorgung selbst zu monopolisieren, indem das natürliche Saatgut der Welt durch patentierbare gentechnisch veränderte Pflanzen ersetzt wird.
Die an dieser Genetischen Revolution beteiligten Akteure sind fast identisch mit den Akteuren der Grünen Revolution, wobei sich die IG Farben aus den Ablegern Bayer CropScience und BASF PlantScience mit traditionellen öligarchischen Partnerfirmen wie Dow AgroScience, DuPont Biotechnology und selbstverständlich mit Monsanto vermischen, die alle von der Rockefeller Stiftung und anderen „Philanthropen“ in der Ford Stiftung, der Bill & Melinda Gates Stiftung und ähnlichen Organisationen finanziert werden.
Die Zusammenführung unternehmerischer, „philanthropischer“, staatlicher und zwischenstaatlicher Interessen bei der Förderung des Anbaus genetisch veränderter Pflanzen in der ganzen Welt zeigt sich in der verwirrenden Vielzahl von Forschungsinstituten, Industrieverbänden und „beratenden Gruppen“, die sich diesem Thema widmen. Das von Rockefeller finanzierte Internationale Reis-Forschungsinstitut (IRRI), der von Rockefeller/Monsanto/USAID gegründete Internationale Dienst für den Erwerb von Agri-Biotech-Anwendungen (ISAAA), die von der Rockefeller/Ford/Weltbank gegründete Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) und Dutzende anderer nichtssagender, harmlos klingender Organisationen erforschen und fördern GV-Pflanzen in Zielmärkten rund um den Globus, wobei die Gewinne in den Kassen der Öligarchen landen.
Ein repräsentatives Beispiel für diese Umstände ist die Neokolonisierung des Agrarsektors in Argentinien, wo Monsanto mit einer ausgeklügelten „Lockvogeltaktik“ das Land auf seine gentechnisch veränderten Roundup Ready-Sojabohnen aufmerksam machte, bevor man Lizenzgebühren für die bis dahin bereits wachsenden Kulturen verlangte. DuPont übernahm die Leitung und startete ein großzügiges „Protein for Life“-Programm, um den Armen des Landes seine eigenen gentechnisch veränderten Sojabohnen anzudrehen.
Die gleiche Szene hat sich nach und nach in allen Schwellenländern abgespielt, denen durch das Kartell entwickelte kartellentwickelte gentechnisch veränderte Kulturen durch „Nahrungsmittelhilfe“ aufgezwungen wurden, meist in Zeiten von Hungersnöten, in denen diese Länder besonders verwundbar sind. Nur eine Handvoll Länder wie Sambia oder Angola haben diese, von der US-Regierung großzügig zugunsten des Agrarkartells subventionierte Übernahme ihrer Nahrungsmittelversorgung durch GVO entschieden abgelehnt.
FAZIT: DIE MONOPOLISIERUNG DES LEBENS
Von den halsabschneiderischen Pionieren der frühen Ölindustrie bis hin zu machiavellistischen Sozialingenieuren und Geopolitikern, haben die Öligarchen seit den Tagen von Devil Bills Allheilmittel, dem Schlangenöl, einen langen Weg zurückgelegt. Aber seine Anwendung von jeder Art der Täuschung und des Schwindels zum Betrug an der Öffentlichkeit hat gezeigt, wie John D. und der Rest der Öligarchen ihre Geschäftsanteile aufgebaut haben.
Als das 20. Jahrhundert zu Ende ging, war dem mächtigen Kartell, das die Ölindustrie aufgebaut hatte – den Rockefellers, den Rothschilds und den Königshäusern von Britannien und den Niederlanden – klar, daß es nicht nur um Erdöl ging, wenn es überhaupt jemals darum gegangen ist. Die Übernahme der Bildung, der Medizin, des Geldsystems, der Nahrungsmittelversorgung selbst hat gezeigt, daß das Ziel weitaus größer ist als ein bloßes Ölmonopol: Es war die Suche nach der Monopolisierung aller Aspekte des Lebens. Das perfekte Kontrollsystem für jeden Aspekt der Gesellschaft zu errichten, für jeden Sektor, aus dem sich die Gefahr der Konkurrenz um ihre Macht ergeben könnte.
Sie sind erstaunlich, ja fast unglaublich, erfolgreich gewesen. Von der Ölquelle bis zur Tanksäule, vom Bauernhof bis zur Gabel, vom Krankenhaus bis zu Pharmazeutika, vom Bohrturm bis zur Dollarnote, es gab fast keinen Aspekt der Gesellschaft, der nicht unter Kontrolle war.
Aber noch sind die Öligarchen nicht fertig. Ihr nächstes Projekt, das Ende des 20. Jahrhunderts gestartet wurde, ist fast zu ehrgeizig, um es zu begreifen. Es geht nicht um Öl. Es geht nicht um Geld. Es geht um die Monopolisierung des Lebens selbst. Sie haben Jahrzehnte damit verbracht, den Weg für diese Übernahme vorzubereiten und ihre unglaublichen Ressourcen in den Dienst dieser Aufgabe gestellt.
Und die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung, die noch immer das Hütchenspiel spielt, das die Öligarchen perfektioniert und schon längst aufgegeben haben, wird ihnen wieder auf den Leim gehen.
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Quelle: https://www.corbettreport.com/episode-310-rise-of-the-oiligarchs/
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Herzlichen Dank!
hallo. vielen dank für die übersetzung!!! gibt es auch die dokumentation (die öl-filme von corbett) mit deutschem untertitel? ich suche es schon lange.
vielen dank
Danke für die Aufmerksamkeit.
Seit James Corbetts YouTube-Konto von YT gelöscht worden ist, ist das hier, soweit mir bekannt ist, die einzige, autorisierte deutsche Übersetzung dieses Vortrags, den ich seinerzeit übersetzt habe, um ihn in seiner Gesamtheit zu präsentieren, was, im Gegensatz zu Untertiteln, bspw. auch ein schnelles „Zurückblättern“ im Text ermöglicht.
Ich würde mich freuen, wenn die Leser die Übersetzung dieses wirklich aufschlußreichen Vortrags in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis weiterempfehlen, wozu ich hier in den kommenden Tagen auch eine PDF-Datei des Textes anbieten werde.
Uns allen noch einen schönen Rest-Sonntag.
Tip: Lern Englisch – und Deutsch (da verwendet man auch Grossbuchstaben 😉 )